Impulse
 

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
Über positive Herausforderung und wie man Überforderung verdeckt“

Lisa Störkmann
in: Broschüre „Smile A bit“ – Ein Forumtheater zur Thematik psychische Belastbarkeit bei Jugendlichen und Erwachsenen, TheaterFalle Basel, 2004 – ein Ausschnitt
 

Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wessen Sicht der Wirklichkeit ist die „richtige“? Ist die TV-Reality-Show wirklich nur eine Show? Oder schon längst unser Alltag? Wie fühlen sich Menschen, wenn sie erkennen, dass ihre tägliche Wirklichkeit ebenso unwirklich ist wie die Rollen, die sie glauben spielen zu müssen? Gibt es etwas Skurrileres als die Wirklichkeit?

In unserem Stück erleben Sie hautnah Momente, die keinesfalls für die Reality-Show gedacht waren, und trotzdem an die Oberfläche drängen. Latente Konflikte brechen auf und es wird deutlich, wie schwierig die Kommunikation zwischen den einzelnen Familienmitgliedern ist. Aus der Diskrepanz zwischen der Alltagsrealität, den individuellen Perspektiven und dem TV-Wunschbild entsteht ein zusätzlicher Druck.

Was geniessen wir? Was muten wir uns zu? Was wird uns zugemutet? Wie gehen wir damit um, dass unsere Welt aus 100 Welten besteht, die alle ihr Recht fordern: Körper, Sinne, Seele. Sicherheit, Familie, Freundeskreis, Schule, Arbeit: Wir werden zwangsläufig multiple Persönlichkeiten mit vielfältigen Interessen, Anforderungen, Verpflichtungen.
Identität ist nicht mehr eindimensional. Das Zauberwort „Multitasking“ macht die Runde.

Wann werden Chancen zu Herausforderungen? Wann zu Krisen? Wie gehen wir mit ideellen und materiellen Verlusten um? Wie mit Verlassenwerden und Tod? Welten brechen zusammen. Nichts ist mehr wie es war. Angst und Einsamkeit und Depression in einer Endlosschleife: Wie viele Balanceakte vollführt ein Mensch, wie viel Druck verkraftet er, wie viele Krisen hält er aus – bis er zusammenbricht?

Verdeckungs- und Verdrängungsmechanismen funktionieren. Eine Zeitlang. Überforderungen werden mit Worthülsen wie „stress mi nid!“ und „bin im Stress!“ kompensiert. Wie lange dauert es, bis wir uns selbst verloren gehen? Wie sagte der Fussballer Hakan Yakin neulich in der Basler Zeitung: „Ich habe mich selbst vermisst.“

Dabei geht es stets nur um das Eine: „Ich bin ich. Und als dieses Ich will ich geliebt werden – um alles in der Welt. Im Idealfall haben wir als Kind erfahren, was es heisst angenommen zu sein. Nichts schöneres als am Abendtisch das Spiel mit Selbst- und Fremdwahrnehmung: Was wäre mein Vater, wenn er ein Haushaltsgerät wäre? Was wäre meine Mutter, wenn sie ein Getränk wäre? Wie nährend waren die Antworten der Familienmitglieder auf die Frage: „Was wäre ich, wenn ich eine Landschaft wäre?“ Antworten, die ein Geschenk sind: Sie sehen mich! Jeder auf seine Weise. Perspektivwechsel, die ein ganzes Leben bestimmen können. Im Idealfall, wie gesagt.

Manche Menschen landen in Sackgassen, entwickeln chronisches Verdeckungsverhalten für das, was sie nicht sind und nicht können. Einige wenden ihre Ohnmacht in Macht, alle wollen demonstrieren, dass sie funktionieren. Dabei empfindet jede und jeder Druckpunkte, die psychisch belasten. In Familien, Cliquen oder Schulklassen kommen mehrere Menschen mit ihren eigenen Mustern zusammen. Sie haben weder für sich noch als Gruppe Handlungsmuster entwickelt, positiv mit ihrem Druck umzugehen. Oft ist Ohnmacht die Folge. Ohnmacht wirkt stressend, entwickelt Eigendynamik, richtet sich als Aggression gegen sich selbst oder andere. Statt Austausch, Unterstützung, Entlastung – also sozialem Verhalten – entwickelt sich das Gefühl der Überlastung. Stress wird weitergegeben, äussert sich als Druck, wird zu asozialem Verhalten. Wer starken Druck erlebt, will sich entlasten und gibt diesen Druck weiter.

Menschen, die erfahren haben, wer sie sind und was sie wert sind, sind stark und flexibel, können Grenzen wahrnehmen und setzen, wissen, was ihr Selbst wert ist. Sie tragen Verantwortung für sich selbst und andere, nehmen Einfluss auf ihr Dasein, ihren Körper, ihre Seele, ihre Sinne, ihre Existenz und Sicherheit. Wache Bewusstheit setzt eine starke Empfindung für das eigene Ich voraus. Am Anfang einer solchen Persönlichkeit steht das „Ich liebe mich selbst.“ Und „Ich will geliebt werden“ wird zum Antrieb für bewusstes, aktives, Krisen bewältigendes Leben, in dem der „andere“ eine entscheidende Rolle spielt: als Gegenüber, an dem das Ich sich messen, reiben, ausprobieren kann.

„smile a bit“ bietet keine Lösung. Nur Punkte, an denen wir ansetzen können, stärker zu werden und mögliche Wege zu finden, mit psychischen Belastungen im Alltag neu umzugehen. Es geht um Entschleunigung. Um die bewusste Sicht auf psychische Belastungen und Erlernbarkeit von Belastbarkeit. Um Entscheidung gegen Überforderung, die keinen Sinn gibt. Darum, dass Jugendliche und Erwachsene ihr Leben bewusst leben. Darum, dass sie authentisch mit sich und ihren Gefühlen umgehen. Angstfrei und stark. Nicht wie in Reality-Shows, die vorgeben, das Leben reicher zu machen oder gar zu verändern, indem das Innere nach aussen gekehrt wird. In Reality-Shows ersetzt ferner Voyeurismus nahe soziale Bindungen. Und am Schluss entscheiden die Zuschauer, wer versagt hat. Der wird rausgekickt.

Entwicklung ist auch Ent-Wicklung. Dazu braucht es Ent-Täuschung, um Probleme konstruktiv zu lösen. Stress, um Belastungen standzuhalten. Herausforderungen, um stark zu werden. Es braucht Rollendefinition, Standfestigkeit, Beziehung und Zugehörigkeit. Es braucht das sichere Gefühl des eigenen Wertes, das Gefühl von Sinn und Werkzeuge zum Handeln und gesunde Lebensfähigkeit, um aus psychischen Belastungssituationen herauszukommen und sich davor zu schützen. Es braucht sensible Wahrnehmung, gute Kommunikation und den mehrdimensionalen Blick auf sich und die multiple Persönlichkeit, die so vieles leistet und manchmal so wenig begreift. Es braucht Übungen dafür als ausgeprägte Erinnerungsspuren für zukünftiges Handeln in Krisensituationen.

„smile ab bit“ ist süss und bittersüss. Wir hoffen, etwas dazu beizutragen, Stress, Lebensangst, Konflikte und Krisen besser zu verstehen, erfolgreicher zu bewältigen und ein gutes, wärmendes Lebensgefühl zu entwickeln.

Um die Angelpunkte „Psychische Belastungen und psychische Belastbarkeit“ drehen sich die Themenbereiche, die hinter „smile a bit“ stehen.
Im folgenden Teil finden Sie kurze Erläuterungen, die Sie neugierig machen wollen. Neugierig auf sich selbst und alles, was Ihr Leben spannend machen kann. Oder noch spannender. Spielen Sie mit Jugendlichen Detektive und entdecken Sie sich selbst und die anderen hinter der Fassade von (Leistungs-) Pflicht, Moral und Anstand, die viel Stress erzeugen.. Wir versprechen: Sie werden vieles entdecken, das Ihnen bisher verborgen war. Und Ihre Mitmenschen werden staunen: über so viel Lebensfreude. Bestenfalls wollen sie dann wissen, wie Sie das gelernt haben. Und schon sind Sie mittendrin – in einer neuen Dimension der Kommunikation.

Um Ihnen jeglichen „Vorbereitungsstress“ zu ersparen sind konkrete Hinweise, Übungen und Spielanleitungen angehängt.

   

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Lisa Störkmann  .  Entwicklung von Persönlichkeit & Unternehmen

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